13 Februar 2005

 

Weitere drei Wochen

[ando] Es ist kaum zu glauben, schon sind weitere drei Wochen vergangen. Die Zeit fliegt! Da die letzten drei Wochen recht arbeitsintensiv waren, werde ich heute die Gelegenheit nutzen, um einige Eurer Fragen zu beantworten.
Mein Englisch! Mein Englisch ist hier wirklich kein Problem. In einem Land, das von unzähligen Ausländern bevölkert wird, braucht man kein perfektes Englisch. Es ist viel wichtiger, zu verstehen, was Bryan Whong, James Chu und der Mexikaner im Restaurant gerade versuchen Dir auf ihrer Auslegung von Englisch zu sagen.
Das Wetter! Nur keine Sorge, so viel besser als in Deutschland ist es hier auch nicht. Ich lebe zwar in Kalifornien, aber im Norden von Kalifornien. Hier ist auch Winter und viele Bäume haben ihr Laub verloren. Nun gut, der Winter ist nicht ganz so wie in Deutschland. Sehr oft scheint die Sonne und es hat so zwischen 15 und 20 Grad. Heute regnet es allerdings. Daher bietet sich mal die Möglichkeit, ein paar Sätze zu schreiben.
San Francisco! Natürlich war ich schon da. Mehrfach! Habe fast das ganze letzte Wochenende dort verbracht. Ist echt eine super schöne Stadt. Kann nur etwas anstrengend werden, wenn man versucht zu Fuß das ein oder andere Ziel zu erreichen. Die Hügel haben’s in sich. Es macht sowieso viel mehr Spaß die Cable Cars zu nehmen oder sich mit dem Schiff in der Gegend rumfahren zu lassen. Als ich da war, standen die Chinesen kurz vor irgendeinem Feiertag und in Chinatown war die Hölle los. Lauter Blumenstände und Menschenmassen. Zum Glück ist der gemeine Asiate nicht so groß, dann verliert man wenigsten nicht den Überblick.
Mein Gewicht! Schön zu sehen, dass sich vor allem die Frauenwelt hierfür interessiert ;-) Iss klar, wer meinen musk…muskulö…muskellosen (oder wie auch immer das Wort heißt, was meinen Körper am besten beschreibt) Astralleib kennt, war in Sorge…zu Recht!!! Zu Eurer Beruhigung kann ich sagen, ich hab’s wieder im Griff. Nicht, dass ich das Gewicht schon wieder verloren habe, was ich mir zugelegt habe….nein…so weit ist es leider nicht. Aber die maßlose Zunahme ist gestoppt. Mittlerweile koche ich öfter selbst und was dabei rumkommt habt ihr im letzten Bericht gehört.
Kerstin! Nein, Kerstin ist noch nicht da. Das ist bisher der einzige wirkliche Haken daran, hier zu sein. Wenn Du in einem Land bist, in dem Du keinen kennst und dann noch die meiste Zeit davon im Home Office verbringst, dann kommst Du Dir sehr schnell, ganz schön alleine vor. Zum Glück sind die Amerikaner sehr freundlich. Wenn Du es ab und an mal schaffst, vor die Tür zu kommen, findest Du schnell Gesprächspartner….die Friseuse…den Kassierer im Supermarkt…die Kellnerin im Restaurant. Nicht, dass ich die immer vollquatsche. Die sind hier so. Man plaudert immer ein wenig und Deutsche finden alle super…im Gegensatz zu Franzosen. Die mag hier irgendwie keiner. Wenn man das weiß, sieht man Ocean’s Twelve unter einem völlig neuen Licht. Aber zurück zum Thema. Sie sind zwar alle freundlich und das liegt mir (bin ja schließlich auch ein netter ;-)), aber ein wirklicher Ersatz ist das nicht. Alleine zu sein ist echt blöd! Mittlerweile traue ich mich auch kaum noch raus. Denn, wenn ich mich mit Menschen unterhalte, achte ich nur noch selten auf das Gesicht und bekomme sehr schnell ein leichtes Sabberproblem. Ich weiß nicht so genau, woran das liegt, aber zum Glück gibt es Sonnenbrillen und Tempos. Trotzdem bieten sich auch Vorteile, wenn man alleine ist. Früher spürte ich oft, wenn ich diesen irritierten Blick und Sabberansatz hatte, einen stechenden Schmerz in der Seite. Das ist komplett weg. Trotzdem wünsche ich mir oft, der Ellenbogen wäre jetzt an meiner Seite und könnte das alles miterleben. Also werden wir diesen Zustand umgehend ändern!
Als Ausgleich habe ich mir ein neues Hobby zugelegt: Shoppen! Keine Klamotten, Uhren oder sonstigen Schmuck. Einkaufen im Supermarkt…das finde ich Spitze! Wichtig ist, Du musst Dir unbedingt die Clubkarte des entsprechenden Supermarktes zulegen. Dann geht es los. Beim hauseigenen Starbucks holst Du Dir einen Kaffee, steckst den Becher in den am Einkaufswagen angebrachten Halter und gehst noch mal kurz Deine Einkaufsliste durch. Sehr schnell wirst Du aber von den kleinen Schilder am Regal abgelenkt. „Buy two, get one free!“, „Buy two and get each for 4$ less“…Schon geht sie los, die schwäbische Schnitzeljagd. Hiervon zwei. Dort wieder was gespart. Die größte Kunst ist die Produkte zu finden, die das Schild “Buy 10 for 10$” haben und zu sammeln. Du kannst es Dir auch einfach machen und von dem ersten Artikel, den Du findest einfach 10 nehmen. Aber das macht doch keinen Spaß. Außerdem, was willst Du mit 10 davon? Du hast doch von den anderen Sachen immer schon jeweils zwei. Zu Hause angekommen, stellst Du dann fest, dass Du nur ¼ von dem gekauft hast, was Du wirklich brauchst. Das ist nicht schlimm. Du hättest die Sachen eh nicht mehr in den Einkaufswagen bekommen und Kühlschrank und Vorratsschrank sind auch schon voll. Außerdem: Der Schwabe in Dir ist befriedigt. Fett gedruckt auf dem Einkaufszettel steht wie viel Du gespart hast, wie viele Artikel Du gekauft hast, die Dich etwas näher an einen kostenlosen Kaffee bringen und Gutscheine für Deinen nächsten Einkauf hast Du auch bekommen.
Ob ich mich schon an das Leben hier gewöhnt habe? Wenn mein neues Hobby nicht das beste Beispiel dafür ist, dann weiß ich’s auch nicht.
An eines werde ich mich allerdings nicht gewöhnen. Weiterhin versuche ich möglichst viel zu Fuß zu machen, um mir Dinge anzuschauen. Dort wo kein Tourismus ist, macht es außer mir aber keiner und die Leute, die an mir in ihren Autos vorbeifahren, schauen mich immer ganz mitleidig an. Habe immer das Gefühl, dass gleich einer anhält und mir etwas Kleingeld in die Hand drückt.

Hier auch meine persönliche Hitliste der Woche:
Was ich mag:
- Cola in Dosen!!! YYYeeesss!!! (Dosenpfand…pahhh)
- Tütenpacker
(Die Jungs und Mädels, die im Supermarkt ganz fleißige meine Einkäufe in Tüten packen und dann
noch fragen, ob sie’s vielleicht direkt zum Auto bringen sollen. (Irgendwann sage ich mal ja.))
- Mein neues Hobby ;-)
- Amerikanische Betten
(Musste mir jetzt mal ein Bett zulegen. Die Schlafcouch war am Anfang ganz gut, aber mittlerweile kann ich den Kopf nicht mehr in alle Richtungen drehen. Doch so ein Bettenkauf (wenn man das überhaupt so nennen kann) ist ein völlig neues Erlebnis. Irgendwie kauft man sich kein richtiges Bett. Du gehst in einen Laden und suchst Dir eine Matratze aus. Zu einer Matratze gehört immer ein Gestell und eine Untermatratze. Nach dem Kauf kommen dann die Jungs zu Dir, bauen das Gestell auf. Darauf kommt die Untermatratze, dann die Matratze, die Du gekauft hast und fertig ist der Bettenburger. Habe jetzt immer Angst raus zu fallen. So ein Burger ist ganz schön hoch.)

Was ich nicht mag:
- Telefonmarketing
(Bisher habe ich mich immer gefreut, wenn mich jemand anruft. Aber hier ist es doch anders. Einmal am Abend klingelt es gewiss und wieder ist jemand dran, der Dir was verkaufen möchte. Zeitschriften-Abos, Kabelfernsehen, neuer Telefonanbieter…usw. Neulich hatte ich was gewonnen. Ich war einer der ganz wenig ausgewählten und konnte auf irgendeine Weise meine doppelte Steuerrückzahlung gewinnen. Habe mich natürlich bedankt und begeistert gezeigt, dass gerade ich zu den wenigen ausgewählten gehöre, obwohl ich gar keine Steuern hier gezahlt habe. Allerdings habe ich mich dann doch geweigert dafür zu zahlen, das Doppelte von keiner Steuerrückzahlung zu gewinnen. Ein weiteres Spitzenangebot war auch Kabelfernsehen ohne dass ich einen Fernseher hatte. Der war mal hartnäckig. Großer Vorteil des Angebots war, dass jemand vorbeikommt und es mir kostenlos einrichtet.)
- Speed Limit
(Zugegeben, die Straßen sind hier zwar entscheidend breiter, aber auch wesentlich schlechter als in Deutschland. Aber…65 Milen die Stunde…das ist doch keine Geschwindigkeit. Na gut, zu vielen Zeiten des Tage wünscht man sich, dass auf diesen 7-spurigen Asphaltbahnen überhaupt etwas vorwärts geht. Obwohl, da gibt es eine Spur…da läuft es auch zu den Rush Hours. Das ist die Pool-Car-Spur. Hier darf man nur fahren, wenn man mindestens zu zweit im Auto sitzt. Eine aufblasbare Gummipuppe mit Kompressor wäre hier ganz nützlich. Vielleicht sollte ich die beantragen. Ist schließlich Firmeninteresse, dass ich pünktlich zu Terminen komme. HEY! Ich weiß genau, was ihr jetzt denkt! Aber hallo! Ihr kennt mich! Das könnt ihr doch nicht ernsthaft von mir denken, oder? (Rhetorische Frage. Auf Antworten und Kommentare hierzu verzichte ich.))

Was ich erschreckend finde:
- Do it HERself Kurse in Baumärkten
(Ich mag das hier nicht näher ausführen. Aber das was ich da gesehen habe, das macht mir Angst!)
So, dass war es für heute. Der Regen lässt nach und der Supermarkt ruft ;-)
Es gibt immer noch freie Besuchstermine!
Bis demächst
Andreas


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