24 Januar 2005

 

Die ersten zwei Wochen

[ando] Wow! Irgendwie kann ich es selber noch nicht ganz glauben. Seit gestern wohne ich offiziell in Kalifornien. Genauer gesagt in Pleasanton, ungefähr 50 km von San Francisco. Hinter mir knistert der Kamin und ich habe zum ersten Mal die Gelegenheit die letzten zwei Wochen festzuhalten.
Wenn ich derzeit mit Deutschland telefoniere, ist die am häufigsten gestellte Frage: „…und wie gefällt es Dir?“ Im Augenblick kann ich diese Frage nur schwer oder sehr oberflächlich mit einem „Ähhh…Gut!“ beantworten. Die letzten Wochen bestanden mehr daraus herumzureisen, Termine wahrzunehmen und alles Organisatorische zu erledigen, wie Wohnung, Telefonanschluß, Auto usw.. Erst seit meinem Einzug beginnt das Leben langsam wieder normaler zu werden und das war gestern ;-) Aber nun von Anfang an:
Am 08. Januar ging es endlich los. Ein anstrengender Flug nach Boston, mit kurzem Zwischenstopp in London. Wegen einer Verspätung wurden wir in einem Kleinbus im Eiltempo über die Rollbahn zum anderen Flieger gebracht. Der nächste Stopp war in Washington, wo wir, aufgrund dessen, dass wir nun in den USA waren, sämtliche Einreiseformalitäten erledigen, die spannenden Kontrollen über uns ergehen lassen und natürlich das Gepäck in Empfang nehmen und wieder abgeben mussten. Dabei haben wir den Weiterflug nach Boston verpasst. Wurden automatisch auf den nächsten Flug gebucht und kamen eine Stunde später als erwartet im Hotel an.
Ja…verdammt…ich weiß…Es gibt auch Direktflüge…Vielen Dank für den Hinweis.
In Boston war richtig Winter. Es gab Schnee, Matsch und es war ziemlich kalt. Also genau das, was ich mir von Amerika erhofft hatte ;-)
Dafür erfüllte das Hotel alle Klischees mit denen man vor dem Abflug konfrontiert wurde. Das Frühstücksbuffet bestand nur aus fettigen Sachen oder aus Dingen, deren Hauptbestandteil Zucker heißt. Ach so, ein paar einsame Bananen gab es auch. Essen durfte man auf Plastikgeschirr, welches dann sofort im Mülleimer landete und der Kaffee war eine merkwürdige dünne braune Brühe. Das war alles tatsächlich, wie man es immer hört, aber nie glaubt.
Nach zwei Tagen ging es weiter nach Philadelphia. Der Flieger hatte Verspätung. Um unsere Termine einhalten zu können, haben wir uns kurzerhand auf einen anderen Flieger umbuchen lassen. Kein Problem für uns, ein größerer Act für das Gepäck, aber einen Tag später ist auch das wieder aufgetaucht. Dafür waren die Leute im Hotel unglaublich hilfsbereit, haben unserem Gepäck hinterher telefoniert und uns ausgestattet mit Rasierern, Zahnbürsten, Rasiercremes und Deos, als wären wir eine zwanzigköpfige Reisegruppe. Henno, Du siehst ich bin versorgt ;-)
Aber zuvor konnten wir noch die Bekanntschaft mit der Enterprise Autovermietung machen. Das ist eine Erfahrung, die kann ich jedem nur empfehlen. Du wirst zu einem Gebäude gefahren, in dem 10 Jungs und Mädels in schlecht sitzenden Anzügen darauf warten, dass Kundschaft kommt. Dann stürzen sie auf einen los. Unzählige Hände werden gedrückt, alle wollen wissen, was Du machst, wie es Dir geht, wo Du herkommst, wieso Du da bist…innerhalb von einer Viertelstunde kennen die Dein ganzes Leben und Du kommst Dir vor, als hättest Du nachher ein Date mit Linda, weil die Dich immer so angrinst. Eine tolle Sache auf diese Art zu einem Mietwagen zu kommen. Bei Hertz ist es nicht so lustig!
Am Donnerstagabend ging es dann endlich Richtung Kalifornien und neben den ganzen Terminen kam auch noch der organisatorische Kram dazu. Wie kommt man an ein Apartment, einen Telefonanschluß und was man sonst noch so braucht? Eines ist klar, ohne Social Security Number ist alles etwas schwieriger. Aber hier ist das Land der unbegrenzten Möglichkeiten und daher geht alles! Fast jeder antwortet mit „No problem!“ und es geht los. Auch wenn einiges dann etwas länger dauert. Ein super Beispiel ist das unendlich lange Telefonat mit der Telefongesellschaft. Die gute Frau musste immer das Kleingedruckte in dem Vertrag vorlesen (Ich hab’s zwar nie verstanden, wollte sie das aber auch nicht wiederholen lassen) und in einem Telefonvertrag steht unglaublich viel Kleingedrucktes. Aber egal, die Nummer über die man sie anruft war kostenlos.
Autohändler sind hier eine ganz besondere Spezies. Sie wollen auf Biegen und Brechen direkt am gleichen Tag mit Dir den Kaufabschluss machen. Wobei man allerdings die meiste Zeit mit Warten verbringt. Du machst einen Preisvorschlag, der Nappel flitzt zum Manager. Der Manager macht einen anderen Vorschlag. Der Nappel zeigt es Dir. Du bist damit nicht einverstanden und machst einen neuen Vorschlag. Der Nappel rennt wieder los. Kurz bevor Du gehen willst kommt der Manager. Wirst Du mit dem nicht einig, muss auch der wieder zu seinem Chef…und so verbringst Du mehrere Stunden in dem Laden und hast Glück, wenn wenigstens der Kaffee schmeckt. Schaffst Du es ohne Kaufvertrag aus dem Laden, wird’s am nächsten Tag noch mal billiger. Vorteil für den Europäer. Der schläft lieber eine Nacht über solchen Entscheidungen. (Kalle: Die Mustangs sind echte Schnäppchen ;-))
Hier gibt es auch viele Berufe, die man in Deutschland gar nicht kennt. Ein Beispiel ist mein Freund, der Flower-Man. Er ist ein lebendiger Schildhalter für den Blumenladen vor dem er steht. Ihn respektiere ich wirklich. Lebendige Schildhalter gibt es viele, aber der Flower-Man hält nicht nur das Schild. Der Flower-Man hat Kopfhörer auf und schwingt das Schild im Takt. Den ganzen Tag und das jeden Tag. Das ist für mich „Flower-Power“.
Es passieren einem auch mehr außergewöhnliche Dinge oder die Dinge kommen einem nur merkwürdig vor. Wahrscheinlich ist es hier normal. So wie bei dem kleinen Thai Laden um die Ecke. Der hat keine Lizenz Alkohol auszuschenken. Also bittet er Dich, Deine Getränke im Spirituosenladen gegenüber zu kaufen. Ich habe Corona geholt und mit ins Restaurant gebracht. Nicht nur, dass die Getränke kühl gestellt werden, nein, Limetten gab es auch noch. Sagenhaft. Dafür war das Essen schärfer als in Thailand…
Essen ist sowieso so ein Thema. Da ich erst seit gestern stolzer Besitzer einer Küche bin, waren wir fast immer in irgendwelchen Restaurants. Selten waren die Portionen klein und noch seltener hatte ein Portion weniger Fett als man für zwei Tage braucht, um nicht vom Fleisch zu fallen. Habe schon einen erschreckenden Bauchansatz. Aber ich glaube Fett absaugen ist hier nicht sooo teuer ;-)
Gesund kochen ist schwierig…um gesunde Nahrung zu finden muss man in Healthy Food Läden. Hab’s aber bisher nur in den Wal Mart geschafft. Deshalb gab’s gestern Pizza. So konnte ich den Backofen mal ausprobieren. Die Pizza sah etwas verloren in dem Ding aus, da er scheinbar für zwei Truthähne oder eine halbe Sau konstruiert wurde. Als ich versucht habe die Pizza rauszuholen ist auch direkt der Rauchmelder angegangen (Was ein Lärm. So ein schrilles Geräusch habe ich nur einmal verursacht…Du erinnerst Dich, Michi, oder?) und ich habe schnell die Tür wieder zugehauen, da überall in der Wohnung Wassersprenkler verteilt sind und ich keinen Schirm zur Hand hatte. Außerdem hatte ich keine Ahnung, was zu tun war. Bisher hatte ich nicht mal einen Feuerlöscher (Sorry, Dad) Aber was tun? Warten bis die Pizza kalt ist? Irgendwie habe ich es trockenen Fußes geschafft. Man war die fettig! Heute gibt’s Spaghetti ohne alles!
Um was für meine Figur zu tun, gab es heute eine Erkundung der Umgebung per pedes (d.h. zu Fuß…ich stehe einfach darauf mit Fremdworten zu imprägnieren). Das macht in Amerika scheinbar keiner. Kein Mensch ist mir auf dem Bürgersteig begegnet. Aber es gibt auch romantischeres als an 3-spurigen Straßen lang zu laufen. Das Land ist fürs Autofahren gemacht. Komisch, dass es dieses langweilige Tempolimit gibt.
Freitag konnten wir in die heiligen Hallen des Logitech Headquarters. Es war ein merkwürdiges Gefühl, dorthin eingeladen zu werden. Schade, dass ich erst kündigen musste, um es zu sehen. Alle, die im deutschen Office sitzen und dies lesen, dankt Gregor für euer Büro. Euer Arbeitsplatz ist ein Traum! Hier haben viele Arbeitsplätze nicht mal Blickkontakt zu den Fenstern.

So, das war’s für heute.
Hoffe, denen, die bis hier gekommen sind, hat es Spaß gemacht, mal was von mir zu hören.
Übrigens: Vielen Dank noch mal für den netten Abschied….
Ach so: Hatte auch noch keine Gelegenheit, mich für die Silvesterparty zu bedanken. Vielen Dank!!!
Meldet Euch oder besser noch: KOMMT VORBEI.
Bis dann
Andreas

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